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Anstrengende und zugleich schöne Zeiten stehen immer dann bevor, wenn in der heilpädagogischen Gruppe im Haus Mirjam der Auszug einer jungen Frau ansteht. Viele Dinge müssen gleichzeitig organisiert werden, um einen reibungslaufen Ablauf des Auszuges zu ermöglichen.

Schon lange vor dem eigentlichen Auszug beginnt die Arbeit, die sich vor allem durch die Suche nach einer eigenen Wohnung, durchaus schwierig gestaltet. Bestimmte Mietobergrenzen müssen eingehalten werden, die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel muss gegeben sein und die Entfernung zur Schule oder Ausbildungsstelle darf nicht zu weit sein. Nach wie vor sind unsere jungen Frauen zudem seitens der Vermieter häufig mit Vorurteilen konfrontiert. Nicht immer zeigen alle Vermieter Verständnis mit der Situation unserer Bewohnerinnen. Dies erschwert die Situation zusätzlich und macht die Wohnungssuche oft zu einer langwierigen und qualvollen Angelegenheit.

Die Erarbeitung einer sinnvollen Zukunftsperspektive ist für unsere jungen Frauen vor dem Auszug ebenso wichtig. Sei es durch die Planung eines weiteren Schulbesuchs, eines Praktikums, einer Ausbildungsstelle oder der Aufnahme einer festen Arbeit. Häufig bekommen die jungen Frauen bei uns in der Gruppe zum letzten Mal Unterstützung in Form der Jugendhilfe, nach ihrem Auszug sind sie auf sich allein gestellt. Besonders darum ist es wichtig frühzeitig eine Perspektive zu erarbeiten.

Vor einem Auszug stehen zudem zahlreiche weitere Termine beim Jobcenter, der Gemeinde und der Ausländerbehörde an. Viele Telefonate mit Krankenkassen, Vermietern und dem Jugendamt werden geführt, um den Auszug der jungen Frau bestmöglich vorzubereiten. Natürlich darf auch der Einkauf von Möbeln und Ausstattung für die Wohnung nicht fehlen.

Am eigentlichen Tag des Auszuges werden dann alle Habseligkeiten in unsere Busse verladen und in die neue Wohnung gefahren. Häufig dauert es dann noch einige Tage, bis die jungen Frauen sich „trauen“ die erste Nacht in ihrer eigenen Wohnung zu verbringen.

Jeder Auszug wird mit einem gemeinsamen Beisammensein der Betreuerinnen und der jungen Frauen gefeiert. Ein kleines Abschiedsgeschenk, um den Übergang in die erste eigene Wohnung zu erleichtern, darf natürlich auch nicht fehlen.

Da unsere jungen Frauen auf ihrer Flucht häufig traumatisierende Erfahrungen gemacht haben und das Ankommen in Deutschland nicht immer leichtfällt, ist es umso schöner beim Auszug zu sehen, welch stabile Beziehungen zu Betreuerinnen und Bewohnerinnen aufgebaut wurden. Der Umzug in die eigene Wohnung fällt oft schwerer als gedacht, häufig wird auch noch Wochen und Monate später bei Problemen nach Rat gefragt. Noch lange bleiben wir Betreuer feste Ansprechpartner der jungen Frauen. Vor allem bei Besuchen lange nach dem Auszug ist es schön zu sehen, wie selbständig die jungen Frauen geworden sind und wie sehr sie im Nachhinein das Leben in der Wohngruppe schätzen können.

Juliana Otto

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